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frings. das misereor-magazin 1 / 2022

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Rechte der Natur: Ein Heft über das Leben in Harmonie mit der Umwelt www.misereor.de/magazin

Das Gesicht der

Das Gesicht der neunjährigen Naywari ist an Nase, Stirn, Augen und Ohren mit traditionellen Zeichen bemalt Dank Satelliteninternet und Fotovoltaik kann Patricia Gualinga ihre Botschaften mitten aus dem Regenwald in die Welt hinaustragen Ein traditionelles Leben mitten im Regenwald: Der leere Dorfplatz von Sarayaku aus der Vogelperspektive. dem erteilt bisher jede Regierung Förderlizenzen an internationale Erdöl-, Erdgas- und Bergbaukonzerne und plant Straßen zu bauen – ohne die indigenen Gemeinden zu konsultieren. Windenergiefirmen dringen in den Amazonas vor, um Balsaholz für Windradrotoren zu schlagen. „Das ist nicht nachhaltig!“, schimpft Patricia Gualinga und ergänzt: „Eine Straße nach Sarayaku wäre unser Untergang.“ Bisher ist die Kichwa-Gemeinde nur per Kanu oder Propellermaschine zu erreichen. Eindringlinge bleiben damit unter Kontrolle. Straßen treiben Siedler, Abenteurer und Rohstoffkonzerne in den Amazonas. In Ecuador, Peru, Kolumbien, Venezuela, Bolivien und Brasilien holzen sie das kostbare Tropenholz ab, bohren nach Erdöl, Gas oder anderen Bodenschätzen, suchen Gold, verschmutzen Luft und Flüsse und vertreiben die indigene Bevölkerung von ihren angestammten Territorien. Auf den kahlen Flächen züchten sie Rinder oder bauen genmanipulierte Sojabohnen an, die für den Export bestimmt sind. Extremwetter wie das verheerende Jahrhunderthochwasser des Flusses Bobonaza im März 2020 sind die Folgen dieses Raubbaus an der Natur. Für den Erhalt des Amazonas kämpft die Familie Gualinga seit über 30 Jahren. Jedes Familienmitglied nutzt dabei seine eigenen Stärken. Patricia konnte schon immer Klartext reden. Ihr Kommunikationstalent entdeckte die Abiturientin 1992 beim großen Marsch der ecuadorianischen Amazonas-Völker nach Quito. Ein Journalist fragte die junge Demonstrantin, worum es den 1.200 Indigenen aus 100 Dörfern eigentlich gehe. Sie antwortete knapp: „Ganz einfach: Wir wollen unsere Landtitel!“ Tatsächlich übertrug die Regierung den indigenen Völkern über eine Million Hektar Land. Sarayaku erhielt 135.000 Hektar. Die Schürfrechte blieben jedoch beim Staat. Vier Jahre später bekam eine argentinische Ölgesellschaft die erste Erdölkonzession auf dem Gebiet von Sarayaku. 2002 begannen die Bohrungen unter militärischem Schutz. Die Fischer, Jäger und Sammlerinnen aus Sarayaku leisteten gewaltlosen Widerstand gegen Sprengsätze, Raubbau und Vertreibung. Der Staat brandmarkte sie jedoch als Terroristen. Es gab blutige Auseinandersetzungen, Festnahmen, Folter. Patricia Gualinga brachte den Fall Sarayaku mit Unterstützung verschiedener Organisationen vor den Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte. Die einstige Radiomoderatorin und Tourismusbeauftragte der Amazonasregionen war eine der Hauptzeuginnen im Prozess, sie übersetzte zwischen Kichwa und Spanisch und sorgte dafür, dass die Hälfte der Delegierten weiblich war. Die Rechte von Frauen liegen ihr ebenso am Herzen wie die Rechte der Natur und des lebendigen Waldes. 14 EINS2022 Fortsetzung auf Seite 17

Dorfleben in Sarayaku: Eriberto Gualinga liest seinen Kindern und den Nachbarskindern in der Hängematte vor. Die Sarayakus leisteten gewaltlosen Widerstand, der Staat brandmarkte sie als Terroristen Patricia Gualinga macht mit einigen Kindern aus der Dorfgemeinde mit dem Kanu einen Ausflug durch den Regenwald EINS2022 15

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