Wir können uns diese Trennung zwischen uns und der Natur nicht mehr leisten sei nicht naturgegeben, er sei ein soziales Konstrukt. Ebenso gut könne das für natürliche Einheiten wie Ökosysteme entschieden werden. Bader erzählt, wie er auf einen Fachaufsatz des amerikanischen Juristen Christopher Stone in der ‚Southern California Law Review‘ von 1972 aufmerksam wurde: ‚Should Trees have Standing?‘ Mit „Standing“ war hier nicht nur Ansehen, Wert oder Bedeutung im allgemeinen Sinn gemeint, sondern konkret das Recht, vor Gericht vertreten zu werden. Warum haben Staaten und Firmen Rechte und können vor Gericht ziehen und sich vertreten lassen? fragte Stone. Und warum können Wälder, Seen, Berge, Flüsse das nicht? Hat die Erde keine Rechte? „Im Rahmen unseres bestehenden Rechts machen wir die Natur nur kaputt“, sagt Leo Bader. Und so reiht sich dieses Vorhaben ein in einen größeren Kontext, in dem überall auf der Welt Menschen sich bemühen, die Natur nicht mehr als ‚Umwelt‘ zu sehen, sondern als ‚Mitwelt‘. „Das Umdenken ist überfällig“, sagt Claus Biegert, Mitbegründer des ‚Nuclear Free Future Award‘, der das weltweite Engagement gegen Uranabbau und dessen Nutzung unterstützt. Biegert ist mit seiner Initiative „Die Stimme der Loisach“, bei der mehrere Umweltstiftungen im Boot sind, ebenfalls mit dem Thema befasst. Der Aktivist und Journalist, der viel Zeit mit indigenen Völkern in Nordamerika und anderswo verbracht hat, weist auf die spirituelle Komponente hin, die das Ganze auch hat. „Wir können uns diese Trennung zwischen uns und der Natur nicht mehr leisten“, sagt er und zitiert eine berühmte Forderung des amerikanischen Naturschützers und Ökologen Aldo Leopold: „Thinking like a mountain“. Denken wie ein Berg. Ähnlich sagen es die Maori: „Ich bin der Fluss, der Fluss ist ich.“ Wer zwischen sich und der Mitwelt trenne, könne ihr nicht gerecht werden. Natürlich beleuchten die Leute vom Volksbegehren das Ganze auch von der juristischen Seite. Eine Arbeitsgruppe sitzt an einem Entwurf für eine Änderung der entsprechenden Passagen in den Länderverfassungen beziehungsweise im Grundgesetz. Und die Juristin Elena Sofia Ewering und ihr Kollege Andreas Gutmann kommen in einem Artikel im Fachorgan ‚Die öffentliche Verwaltung‘ zu dem Ergebnis, dass ein entsprechender Passus grundsätzlich mit dem deutschen Verfassungsrecht vereinbar wäre. Beziehungsweise, sie drücken sich vorsichtig aus, dass hier „keine unüberwindbaren Hindernisse zu erwarten wären.“ Leo Bader und sein Team von Ehrenamtlichen stellen sich auf einen langen Weg ein. „Wir haben das langfristig angelegt“, sagt Bader, „und rechnen mit zwei bis vier Jahren.“ Jetzt gehe es erst einmal darum, die Ziele des Volksbegehrens bekannt zu machen. Die Idee zu verbreiten. Mitstreiter*innen zu suchen, Verbündete. In Bayern braucht man 25.000 Unterschriften, um ein Volksbegehren einzureichen; Hat die Erde keine Rechte? „Ich bin der Fluss, der Fluss ist ich.“ Für die Maori gibt es keine Trennung zwischen ihnen und der Natur. aber dann muss es innerhalb einer relativ kurzen Frist auch durchgeführt werden. Und um angenommen zu werden, wie es etwa beim Volksbegehren „Rettet die Bienen“ gelang, braucht man zehn Prozent der Wahlberechtigten, rund 900.000 Stimmen. Das ist eine enorme Menge. Je nach Bundesland sind die Bestimmungen für ein Volksbegehren leicht unterschiedlich, aber das Prozedere ist meist vergleichbar. Deshalb beginnt das Team zunächst für Berlin, Niedersachsen und Baden-Württemberg die juristischen Entwürfe auszuarbeiten, danach gilt auch hier: Thema bekannt machen, Unterschriften sammeln, um Unterstützung werben, bevor das formale Verfahren des Volksbegehrens beginnt. Wer sich engagieren möchte, kann unter gibdernaturrecht.muc-mib.de Unterschriftenlisten anfordern und sammeln gehen. Die Natur braucht Unterstützung. Foto: Mike Powell via Getty Images 26 EINS2022
Lebensmittel werden teurer, weil die Preise für Rohstoffe, Energie und Transport steigen – auch durch den Krieg in der Ukraine. Deswegen die gesellschaftliche und ökologische Wende in der Produktion von Lebensmitteln aufzuschieben, ist trotzdem der falsche Weg. Ein ehrlicher Umgang mit den verborgenen Kosten unserer Lebensmittel ist wichtiger denn je, um nachhaltige Landwirtschaft und Ernährung zu sichern. Das niederländische Unternehmen Eosta macht vor, dass es geht. Text von Bernd Müllender Fotos von Robert Poorten EINS2022 27
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