Immer droht die Verhaftung: Aktivisten kleben im Uganda Museum Plakate gegen die Öl-Pipeline sieren und damit Arbeitsplätze und Wohlstand für die nächsten Generationen zu fördern. Dass nun ausgerechnet die junge, gebildete Elite, die eigentlich in Musevenis Denken von diesen Jobs profitieren sollte, dagegen aufschreit, kommt quasi einer Majestätsbeleidung gleich. Als Ugandas Ölverträge mit internationalen Konzernen wie Total unterzeichnet wurden, gab es noch keine Fridays for Future Bewegung. Doch mittlerweile ist die Aktivistin Vanessa Nakate, die 2019 noch freitags alleine mit einem Schild auf der Hauptstraße in Kampala stand, zu einer der engsten Mitstreiterinnen Greta Thunbergs in der Fridays for Future-Bewegung geworden. Und auch die Deutsche Luisa Neubauer hat sich den Kampf gegen die EACOP-Pipeline in Ostafrika auf die Fahnen geschrieben. Dass nun weltweit junge Aktivist*innen gegen die ugandischen Pipeline-Pläne mobil machen, wird vom Regime in Uganda als Kampfansage betrachtet. Und die ugandischen Aktivist*innen fürchten jetzt die Brutalität der Geheimdienste. In den letzten Jahren wurden Oppositionelle mehrfach gefoltert und misshandelt. Eine EU-Resolution hat im September 2022 auf die Menschenrechtsverletzungen in Uganda im Zusammenhang mit den Ölprojekten hingewiesen, auch auf den brutalen Umgang mit Kritiker*innen. Ugandas Klimabewegung ist vorsichtiger geworden. Ihre Protagonist*innen kommunizieren nun vor allem abhörsicher und verschlüsselt, treffen sich nur an geheimen Orten. Doch die meisten agieren in kleinen Gruppen, wissen voneinander In den letzten Jahren wurden Oppositionelle gefoltert und misshandelt Breiter Protest: Ugandas Klimaaktivist*innen machen Front gegen ihre Regierung nur wenig. Mit der Filmvorführung wollte Hillary die verschiedenen Einzelkämpfer*innen in einem Saal zusammenbringen, wie er sagt: „Damit wir uns austauschen und vernetzen können, um in Zukunft mit einer Stimme zu sprechen.“ Immerhin, während der Film läuft, füllt sich allmählich der Gemeindesaal. Studierende der Fakultät für Forstwirtschaft trudeln verschlafen ein, Musikerinnen, Künstler, junge Medizinstudent*innen rücken auf Plastikstühlen zusammen. Als der Abspann läuft, wird in dem mittlerweile fast vollen Saal laut geklatscht. Schauspieler Cosmas Sserubogo steht ganz berührt auf. Er hat Tränen in den Augen. „Danke, dass ihr uns diesen Film gezeigt habt“, sagt er in die Runde. „Das inspiriert mich sehr, die Botschaft für mehr Umweltschutz nun auch in meine Theaterstücke und Musiktexte einzubringen“, nickt er und wischt sich die Tränen weg. Dafür erntet er ermutigenden Applaus. Viele der hier Anwesenden waren noch im Herbst „Wir müssen zu- vergangenen Jahres auf die Straße gegangen. Sie zeigen auf ihren Handys Fotos sammenkommen und gemeinsam von vergangenen Protestaktionen. „Menschen statt Profit“, steht auf den Plakaten kämpfen.“ geschrieben. „Hört auf, die Klimakrise zu fördern!“, verlangen sie. Doch in Anbetracht der Polizeigewalt traut sich mittlerweile niemand der Aktivist*innen mehr auf die Straße. Sie suchen nun nach alternativen Wegen, auf das Problem aufmerksam zu machen. „Der Klimawandel ist schon voll im Gange!“, hat der 32- jährige Aktivist Chrispus Mwemaho vergangenes Jahr noch auf sein Poster gemalt. Er unterstützt in Westuganda diejenigen Menschen, die 2021 vor Fluten und Erdrutschen aus ihren zerstörten Häusern fliehen mussten und jetzt in einem Lager ohne genügend Verpflegung leben. „Der Film verbreitet eine wunderbare Botschaft“, stellt er nach der Vorführung in der Diskussionsrunde klar: „Wir können als Einzelpersonen die Probleme des Klimawandels nicht lösen“, betont er. „Wir müssen zusammenkommen und gemeinsam kämpfen.“ 18 EINS2023
MEINUNG Von Manfred Nowak Foto (o.): iStock.com W ir stehen an einer Zeitenwende. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine führt nicht nur zu schwersten Menschenrechtsverletzungen, sondern er stellt die gesamte Weltordnung in Frage, die 1945 auf den Trümmern des 2. Weltkriegs und nach dem Holocaust errichtet wurde. Sie basiert auf drei eng miteinander verbundenen Säulen: Friede, Entwicklung und Menschenrechte. Wenn es der internationalen Gemeinschaft unter Führung der Vereinten Nationen gelingt, diesen brutalen Krieg zu beenden, dann könnte uns im Jahr 2023 ein entscheidender Schritt zur Verwirklichung einer auf den Menschenrechten basierenden neuen Weltordnung gelingen. Heuer jährt sich zum 75. Mal die Universelle Erklärung der Menschenrechte und zum 30. Mal die Wiener Erklärung der Menschenrechte. Zur Zeit des Kalten Kriegs hat sich der internationale Schutz der Menschenrechte als der einzig universell anerkannten normativen Grundlage für Sicherheit und Prosperität kontinuierlich weiter entwickelt: Dekolonisierung und Bekämpfung von Armut in Afrika und Asien, bindende Menschenrechtsverträge im Rahmen der Vereinten Nationen und regionaler Organisationen wie dem Europarat, der Organisation Amerikanischer Staaten und der Afrikanischen Union, der Kampf gegen Rassendiskriminierung und Apartheid, die Rechte von Frauen und Kindern, die Überwindung von Militärdiktaturen in Lateinamerika, Einparteienregimen in Afrika und kommunistischen Diktaturen in Europa sind nur die wichtigsten Beispiele dieses Fortschritts. Mit dem Ende des Kalten Kriegs eröffnete sich eine historische Chance, das friedliche Zusammenleben der Völker auf der Basis von Rechtsstaat, Demokratie und Menschenrechten Wirklichkeit werden zu lassen. Die Wiener Weltkonferenz bekräftigte 1993 die Universalität und Unteilbarkeit aller Menschenrechte und schuf ein Hochkommissariat für Menschenrechte als treibende Kraft der Weltgemeinschaft. Die Hauptverantwortlichen für die Völkermorde in Bosnien und Ruanda wurden vor speziell eingerichteten Strafgerichten zur Verantwortung gezogen, was den Weg für ein generelles Weltstrafgericht in Den Haag ebnete. Und regionale Menschenrechtsgerichte in Europa, Amerika und Afrika bieten Tausenden von Menschen die Möglichkeit, Verletzungen ihrer Menschenrechte gegen ihre Regierungen einzuklagen und deren Urteile durchzusetzen. Deswegen ist es höchste Zeit, dass auch die Vereinten Nationen einen Weltgerichtshof für Menschenrechte einrichten, der allen Menschen dieser Welt die Möglichkeit gibt, ihre Menschenrechte gegen ihre eigenen Regierungen, transnationale Konzerne und andere Machtträger wirksam durchzusetzen. Denn Gerichte sprechen nicht nur Recht im Einzelfall, sondern sie erfüllen die Menschenrechte auch mit Leben und entwickeln sie weiter, wie wir in jüngster Zeit gerade bei den großen Herausforderungen der Gegenwart wie bei der Digitalisierung und beim Klimawandel gesehen haben. Manfred Nowak ist Jurist, Professor für Menschenrechte und Menschenrechtsanwalt in Wien und Generalsekretär des Global Campus of Human Rights in Venedig. Von 2004 bis 2010 war er als Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen über Folter tätig. Nowak setzt sich für Menschenrechte in verschiedenen Ländern ein, in denen Menschen gefoltert und misshandelt werden. EINS2023 19
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