„In Afrika sprießen überall Gärten, das ist eine Revolution“ Fotos: Marco del Comune, Klaus Mellenthin 22 EINS2024
INTERVIEW Edward Mukiibi, internationaler Präsident von Slow Food und Pirmin Spiegel, Hauptgeschäftsführer von Misereor, im Videogespräch über die Bedeutung von Gärten für eine gesunde Ernährung, die Weitergabe von Wissen und Saatgut und was sie als Kinder über Gartenarbeit gelernt haben. Das Gespräch moderierte Birgit-Sara Fabianek „Familiäre Landwirtschaft ist immens wichtig für die globale Ernährungssicherheit.“ Pirmin Spiegel Was verbindet Misereor und Slow Food? Pirmin Spiegel: Vor einigen Jahren haben Misereor und Slow Food Deutschland zum Jubiläumsjahr von Luthers Reformation 95 Thesen für Kopf und Bauch präsentiert und eine Reformation des globalen Ernährungssystems gefordert. Denn Ernährungsindustrie und Chemiekonzerne behaupten immer wieder aufs Neue, dass wir mehr und hochindustrielle Lebensmittel brauchen, um in Zukunft bis zu zehn Milliarden Menschen ernähren zu können. Von unseren Partnern in Afrika, Asien und Lateinamerika wissen wir, dass der größte Anteil der Lebensmittel, der weltweit Menschen satt macht und gesund erhält, aus lokaler Landwirtschaft mit kleinteiligen Strukturen stammt. Diese familiäre Landwirtschaft und ihre teilweise gemeinschaftlich bewirtschafteten Gärten und Felder sind immens wichtig für die globale Ernährungssicherheit und ebenso für den Erhalt der Artenvielfalt. Den kleinen, unabhängigen Produzenten, die so viel für unsere gesunde Ernährung und unsere Ökosysteme tun, vor Ort und auf der internationalen Bühne mehr Gewicht und Gehör zu verschaffen, das verbindet Slow Food und Misereor. Sie sind beide in einer Bauernfamilie aufgewachsen, der eine in der Pfalz und der andere in Uganda. Was haben Sie in Ihrer Kindheit über Gartenarbeit und Selbstversorgung gelernt? Edward Mukiibi: Unsere Farm lag in der Nähe des Viktoriasees. Ich habe als Kind von meinen Eltern gelernt, welche Leistung darin steckt, gesunde Nahrungsmittel anzubauen. Welche Entwicklungsmöglichkeiten darin liegen, sich um sein Land zu kümmern – nicht nur, um Nahrung herzustellen und den Boden zu nutzen, sondern auch, wie man den Boden und sein Ökosystem tatsächlich schützen und fördern kann. Auf unserer Farm haben wir ganz verschiedene Sorten angebaut: Kaffee, Bananen, Bohnen, Gemüse, es gab unterschiedliche Obstbäume und auch Kakao. All das wuchs nebeneinander. Dieses Nebeneinander hat uns dabei geholfen, uns auch dann selbst zu versorgen, wenn es aus Klimagründen Probleme mit der Ernte gab. Denn irgendwas war immer reif, mal Bohnen, mal Süßkartoffeln. So habe ich schon als Kind erlebt, welche Vorteile ein vielfältiger Anbau bietet, um satt zu werden. Deshalb baue ich bis heute immer noch die gleichen alten Sorten an. Foto: Misereor Bei einem Besuch in Madagaskar begleiten Kinder Pirmin Spiegel durch ihren Familiengarten Heißt das, Sie sind Präsident von Slow Food und gleichzeitig Landwirt? Mukiibi: Genau. Ich bin aktiver Landwirt, das ist mein erster Beruf. Ich arbeite jedes Wochenende im Garten, wenn ich zu Hause in Uganda bin. Letztes Wochenende haben wir zum Beispiel Mais und Bohnen gepflanzt. Wir bewirtschaften außerdem eine Bananenplantage und bestellen einen großen Garten. Und Sie, Herr Spiegel? Spiegel: Nach dem Abitur habe ich kurz Landwirtschaft studiert, aber ich bin kein aktiver Landwirt. Trotzdem prägt mich die Erdverbundenheit meiner Kindheit bis heute, sie gehört zu meiner DNA. Ich kannte in unserem Dorf in der Pfalz jeden Acker und jedes Bächlein, unser Hof hatte von EINS2024 23
Laden...
Laden...
Follow Us
Instagram
Twitter
Facebook