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frings. Das Misereor-Magazin 1/2024: Ab in den Garten!

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Ab in den Garten! Ein Heft über Gemeinschaft, Gewinn und Genuss. www.misereor.de/magazin

Foto: Isaac Kasamani/AFP

Foto: Isaac Kasamani/AFP via Getty Images In Uganda besucht Edward Mukiibi eine von vielen Schulen, in denen Slow Food Gärten angelegt hat allem ein bisschen: Einen Garten mit Gemüse, Obst, Kräutern und Beeren, Felder mit Rüben, Weizen und Wein und auch ein paar Kühe. Ich bin mit dem Trecker auf die Wiese gefahren, habe Gras gemäht, das Vieh gefüttert und überall mitgemacht. Das hat mir sehr geholfen, als ich später in Brasilien viele Jahre mit Bauernfamilien gelebt habe, die kleinere Flächen vielfältig bewirtschafteten. Herr Mukiibi, Sie haben für Slow Food in Uganda vor knapp 15 Jahren eine Art Garten-Revolution initiiert: Worum geht es in Ihrem Projekt „Gärten in Afrika“? Mukiibi: Das Projekt haben wir gestartet, weil wir erlebt haben, dass für viele Schul- oder Dorfgemeinschaften eigene Gärten der Schlüssel dafür sind, sich ausgewogen ernähren zu können. Und wir wussten, wie wichtig es ist, dieses Wissen und die Fähigkeiten an die nächste Generation weiterzugeben, damit sie erhalten bleiben. Und wir wollten damit auch das schlechte Image überwinden, das bis dahin mit Landwirtschaft verbunden war: Als ich zur Schule ging, wurden wir zur Strafe für schlechtes Benehmen auf den Schulacker geschickt. Wir wollen unserer Jugend dagegen klarmachen, dass eine lokale, unabhängige und vielfältige Landwirtschaft Zukunft hat und sie selbst Teil der Lebensmittelerzeugung auf ihrem Kontinent werden kann. Wie erfolgreich ist Ihr Projekt? Mukiibi: Unser Hauptziel war es, zu zeigen, wie wichtig Gärten für unseren Kontinent sind. Inzwischen gibt es in 35 afrikanischen Ländern mehr als 5.000 aktive Gärten, sie sprießen überall. Das ist wirklich eine Revolution bei uns. Wir erleben auch, mit welcher Leidenschaft und Begeisterung viele Gemeinschaftsgärtner*innen inzwischen ihr Saatgut tauschen und teilen und dass diese Gärten zu Orten der Begegnung werden, auch um sich politisch auszutauschen. Wir sehen, wie Kinder sich in Slow-Food-Gärten treffen und enthusiastisch über einzelne Anbausorten diskutieren oder darüber sprechen, welchen Nährwert diese oder je- 24 EINS2024

„Wo es Vielfalt im Garten gibt, können sich Menschen gesund und ausreichend ernähren.“ Edward Mukiibi ne Pflanze hat. Sie lernen dort so viel. Diese Gärten erleichtern es den Menschen, sich wieder damit auseinanderzusetzen, was sie essen und wie man Lebensmittel anbaut. Das Thema wird so wieder zu einem Teil ihrer Realität. Was können wir hier bei uns von Afrika über regionale Versorgung lernen? Spiegel: Ich sehe das Gärten-in-Afrika- Projekt als mächtige Inspiration: Auch unsere Städte und Gemeinden brauchen mehr öffentliche Räume, in denen Menschen gemeinsam etwas anpflanzen und einen eigenen Beitrag zu ihrer Ernährung leisten und dadurch Nahrung wieder schätzen lernen. Urban Gardening, Vergrünung, Balkon-Anbau und lokale, solidarische Landwirtschaftsgemeinschaften – das sind alles Schritte und Beiträge hin zu einer verträglicheren und nachhaltigeren Produktion von Lebensmitteln. Wir brauchen diesen Weg, um weniger intensiv und industriell hergestellte Lebensmittel zu konsumieren und die damit einhergehenden versteckten Kosten wie die Auslaugung der Böden, Wasserverbrauch, Treibhausgasemissionen oder Verlust der Artenvielfalt zu verringern. Herr Mukiibi, welche Unterstützung brauchen Ihre Ideen aus Ländern wie Deutschland? Mukiibi: Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass Menschen aus Deutschland und Europa verstehen, dass die Politik in ihren Ländern Auswirkungen auf uns hat. Zum Beispiel, wenn Milch, Fleisch oder Eier aus Europa exportiert werden und dann in Tassen und auf Tellern in Westafrika landen. Das rui- Drei Fragen zum Abschied Pirmin Spiegel ist seit 2012 Hauptgeschäftsführer von Misereor. Ende Juni wird er nach 12 Jahren das bischöfliche Werk für Entwicklungszusammenarbeit verlassen. Was waren die wichtigsten Momente Ihrer Arbeit in den letzten 12 Jahren? Schwer zu sagen. An erster Stelle die vielfältigen Begegnungen mit Menschen in Süd und Nord. Dann: 2015 wurde die Enzyklika Laudato si’ veröffentlicht, Wegbereiterin für die Amazoniensynode. Im selben Jahr die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen und die COP in Paris mit dem Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Dinge, die bisher als unterschiedlich wahrgenommen wurden, wurden zusammengedacht. Ergebnis: wir brauchen ein neues Modell für globale Entwicklung, das Säulen in einer Kultur der Achtsamkeit hat, im Gemeinwohl und in der integralen Ökologie. Die Amazoniensynode 2019 erlebte ich als eine starke Vision. Was haben Sie aus Ihrer Zeit als Landpfarrer im Nordosten Brasiliens am Rande des Amazonasgebiets mitgenommen? Geduld lernte ich, ebenso, dass Genügsamkeit und Einfachheit reich machen können. Dass Entwicklung den Vulnerablen nützen muss und es nicht die eine Lösung für Probleme gibt, ebenso wenig die eine richtige Sicht auf die Welt. Auf unsere globalen Herausforderungen werden wir nur Antworten finden, wenn wir den verschiedenen Stimmen Raum geben, ihre eigenen Lösungen zu finden. Foto: Rentke/Misereor Was wünschen Sie sich für die Zeit nach Misereor? Weiterhin hinauszugehen über die eigenen Planquadrate; eine sinnstiftende Arbeit zu tun und in einem Beziehungsgeflecht zu leben, das reich macht. Ebenso, dass mir das Leiden anderer nicht gleichgültig wird – dabei helfen mir Spiritualität und Erdung. Begegnungen mit Menschen in China: Genügsamkeit und Einfachheit können reich machen weiter auf Seite 26 EINS2024 25

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