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frings. Das Misereor-Magazin 1/2024: Ab in den Garten!

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Ab in den Garten! Ein Heft über Gemeinschaft, Gewinn und Genuss. www.misereor.de/magazin

PHILIPPINEN Tangkoy

PHILIPPINEN Tangkoy Domulot ist Stammesvertreter der indigenen Minderheit der Aeta. Mit Agroforstwirtschaft und Bildung will er seinen Nachkommen eine gesicherte Zukunft aufbauen. Text von Constanze Bandowski Fotos von Klaus Mellenthin 36 EINS2024

Das Essen wird in Bambusrohren und Bananenblättern über dem offenen Feuer gegart, so haben es die Vorfahren getan, ohne Töpfe, Plastik oder Abfall Einige Dinge sind für Tangkoy Domulot glasklar: „Sonntag gehört der Familie“, sagt der 57-jährige Filipino mit indigenen Wurzeln. „Sonntags pflegen wir unsere traditionellen Bräuche.“ Die kommen unter der Woche zu kurz, denn die Männer arbeiten als Tagelöhner auf den Reisfeldern oder auf dem Bau, die Frauen gehen putzen und die Kinder lernen in der Schule. „Wir müssen unsere Kultur bewahren und unsere Gemeinschaft stärken, sonst gehen wir unter“, meint der Stammesführer der indigenen Minderheit der Aeta. Also hat der siebenfache Vater und fünffache Großvater im Morgengrauen seinen Lendenschurz umgebunden, die Kette mit den drei Wildschweinzähnen um den Hals „Wir müssen unsere Kultur bewahren und unsere Gemeinschaft stärken, sonst gehen wir unter.“ gehängt, Pfeil und Bogen ergriffen und drei Vögel erlegt. Seine Frau Nenita hat trockene Zweige gesammelt. Gemeinsam entfachen sie nun das Feuer auf dem Hügel oberhalb ihrer Siedlung. Im Schatten hoher Mangobäume hat sich die Großfamilie Domulot auf ihrem Feld versammelt. Die Mädchen waschen Wäsche, die Jungs plantschen im klaren Bergwasser, die Frauen ernten Taro-Wurzeln, Ingwer, Süßkartoffeln, Chili und knackige Flügelbohnen. Das Ältestenpaar gart das Mahl in Bambusrohren und Bananenblättern über dem offenen Feuer, so wie es ihre Vorfahren jahrhundertelang getan haben, ohne Töpfe, Plastik oder Abfall. Tangkoy Domulot weiß, wie wichtig eine intakte Natur ist, insbesondere für indigene Gemeinschaften. „Als Kind ging ich noch regelmäßig mit meinem Vater jagen“, erinnert sich der kleine, muskulöse Mann mit kurzgeschorenem Haar und ergrauten Bartstoppeln an die 1970er Jahre. In den dichten Wäldern ihrer angestammten Territorien an den Ausläufern des Vulkans Pinatubo rund 200 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Manila lebten die Aeta von und mit der Natur. Sie fischten und jagten, sammelten Früchte, Beeren und Wurzelgemüse. „Wir hatten alles, was wir brauchten“, sagt Tangkoy Domulot. Bis Holzfirmen in ihre Wälder eindrangen und die nationale Ölgesellschaft Probelöcher in ihre heilige Erde bohrte. Um ihre Rechte als indigene Minderheit zu verteidigen, organisierten sich die Familien 1982 in das Bündnis LAKAS. Die Abkürzung bedeutet „Das wahre Bündnis der Indigenen Aeta aus Zambales“. Unterstützt wurden sie von Franziskanerinnen und Misereors Partnerorganisation PREDA (Peoples Recovery Empowerment and Development Assistance). Die katholischen Schwestern brachten ihnen lesen, schreiben und die philippinische Sprache Tagalog bei. Gemeinsam mit der Menschen- und Kinderrechtsorganisation PRE- DA klärten sie die Indigenen über ihre Rechte auf. Als der Vulkan Pinatubo am 15. Juni 1991 ausbrach, legte er die Heimat der Aeta in Schutt und Asche. „Wir mussten fliehen und verloren alles“, sagt Tangkoy Domulot. In den Evakuierungslagern und Städten des Tieflands erfuhr der junge Vater mit seiner Familie schwere Diskriminierungen. „Die Tiefländer dachten, wir seien dumm und würden stehlen.“ Erst als der Staat ihnen ein Jahr später ihr heutiges Siedlungsgebiet Leben mit der Natur: Die Familien waschen und plantschen im klaren Bergwasser Bei den Dorffesten lehren die Alten den Jungen die traditionellen Tänze, Lieder und Rituale EINS2024 37

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