JUGENDKULTUR DIE SPRACHEN DER STRASSE Vor allem junge Kenianer demonstrieren auf den Straßen der Hauptstadt Nairobi gegen die Regierungspolitik 22
Ostafrika: Kenias Slang-Sprache Sheng Slang-Sprachen wie Pidgin und Sheng sind in Nigeria und Kenia ein umgangssprachliches Gegenmodell zur ehemaligen Kolonialsprache Englisch, die in beiden Ländern bis heute Amtssprache ist. Vor allem für die jüngere Generation und in der Musik sind sie ein wichtiges Ausdrucksmittel. Text von Birte Mensing Fotos von Edwin Ndeke Sheng schafft einen Raum, Dinge zu benennen, die auf Englisch oder Kisuaheli keinen Ausdruck finden In Kenia brodelt es, manche sprechen von einer Revolution. Seit Mitte des Jahres protestieren vor allem junge Menschen der Generation Z regelmäßig gegen die Misswirtschaft der Regierung. Die Bewegung hat keine Partei, keine Anführer*innen und keine ethnische Zugehörigkeit. Kenia zählt 42 ethnische Gruppen, jede mit eigener Sprache. Die meisten sprechen zusätzlich Kisuaheli und Englisch. Doch die Sprache, die junge Menschen in Nairobi vereint, heißt Sheng. Bisher nutzte die Politik ethnische Zugehörigkeiten für ihre Zwecke. „Mit Sheng haben wir die ethnischen Teilungen überwunden“, sagt die junge Fotografin Victoria Komu, die die Proteste seit Beginn dokumentiert. Mit ihrer Kamera ist sie mittendrin, wenn die Polizei Tränengas versprüht oder scharfe Munition einsetzt, um die Protestierenden zu zerstreuen. Sie hält fest, wenn Aktivist*innen verhaftet werden und wie Menschen einander helfen. In Kenia hängt vielen Namen ein O an. Aus Dennis wird Deno, aus Patrick Pato, und Präsident William Ruto nennt man Zakayo, nach dem biblischen Steuereintreiber Zachäus. Auf einem Pappschild eines Demonstranten steht: „Zakayo Shuka, Jesu Hapiti Leo“ – „Zachäus, tritt ab, Jesus kommt heute nicht vorbei.“ Auch der Humor vereint. „The people united will never be defeated“ – „das vereinte Volk wird niemals besiegt werden“ – , hallt es durch die Straßen. Sheng lernt man nicht in der Schule, sondern auf der Straße. Es ist Anti-Establishment, bildet Identität und entzieht sich der Kontrolle durch Eltern, Lehrer*innen oder Politik. Präsident Ruto spricht öffentlich Englisch, selbst wenn er mit jungen Menschen redet. Seit die Briten Kenia 1920 zur Kolonie machten, ist Englisch Amtssprache. Seit 1974 ist Kisuaheli die zweite Staatssprache. Sheng lebt und entwickelt sich ständig weiter, vor allem durch Musik. Wie viele afrika- Jugendliche vereint die Sprache Sheng, hier bei einem Konzert am Uhuru-Park in Nairobi 23
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