INTERVIEWPetra Thomas, Geschäftsführerin des Forums Anders Reisen,über nachhaltige Reisen und Urlaub in Diktaturen.Das Gespräch führte Birgit-Sara FabianekFotos von Ralf Niemzig26 EINS2025
In Colombo, Sri Lanka, sindTeile der Küste so mit Hotelszugebaut, dass Fischer nichtmehr ans Meer könnenFoto: Bertrand Rieger/hemis.fr/laifIst Tourismus eher Fluch oder Segenfür arme Länder?Das hängt davon ab, wie ich reise undob ich frage: Wo kommt mein Geld an,bei wem wohne ich, bei wem kaufe ichein, bei welchem Veranstalter bucheich? Tourismus kann für Einkommensorgen, Arbeitsplätze schaffen undauch dazu beitragen, das Kulturerbezu erhalten, wie die Tempelanlagenvon Angkor in Kambodscha.Welche Auswirkungen von Tourismussind am schlimmsten?Der Null-Dollar-Tourismus zum Beispiel.Wenn etwa eine chinesische Reisegruppemit einem chinesischen Busnach Vietnam fährt, eigene Lebensmittelan Bord hat, in einem chinesischenHotel wohnt und mit einer chinesischenReiseleitung unterwegs ist.Diese Reisegruppe nutzt Infrastrukturund Natur des Reiselandes, ohne Gelddazulassen. Und hinterlässt in der Regionnur Emissionen, Abnutzung undverbrauchte Ressourcen. Es belastetauch, wenn Hotels die komplette Küstenliniebesetzen wie in Sri Lanka undanderswo. Dort haben Fischer keinenZugang mehr zum Meer, weil die ersteReihe Luxushotels blockieren. Oderwenn der Andrang von Reisegästendie gesamte Infrastruktur eines Ortesverändert und es keine Geschäftemehr für den alltäglichen Bedarf gibt,sondern nur noch Shops für Getränkeund Souvenirs.Übertourismus gibt es inzwischenvielerorts: Streiche ich Orte wie Venedigoder Barcelona besser von meinerUrlaubsliste?Es sind vor allem europäische Großstädteoder Hafenstädte, in die manmit Billigfliegern kommt und wogleichzeitig noch große Kreuzfahrtschiffeanlegen. Es hilft, in die Nebensaisonauszuweichen – und wenigerbesuchte Orte anzuschauen. Selbstin Barcelona gibt es kaum besuchteStadtteile. Dort gibt es inzwischenauch eine App, die anzeigt, wie vieleMenschen zu welcher Zeit an einemOrt sind, sodass man seine Reiseplanungdaran anpassen kann. Es hilftauch, sich durch eine Stadt oder Regiontreiben zu lassen, um zu entdecken,was nicht im Reiseführer oderauf Instagram steht.Wie bereite ich mich auf eine Reisein ein Land vor, das ganz anders istals das eigene, Indien zum Beispiel?Für die Reisevorbereitung ist gute Literaturwichtig. Der Studienkreis fürEntwicklung gibt über viele Länderdes Globalen Südens sogenannte Sympathiemagazineheraus. Keine klassischenReiseführer, sondern eherFührer durch die Kultur, um Missverständnissenvorzubeugen. EineReisevorbereitung jenseits von „Wieplane ich meine Route“, sondern eher„Was erwartet mich dort vor Ort?“ Esist auch empfehlenswert, mit einemlokalen Reisebegleiter unterwegs zusein, der Dinge erklären und Kulturvermitteln kann.EINS202527
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