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Der gesellschaftliche Umgang mit Kindern und Jugendlichen während Corona, Ängste über den Zusammenbruch von Klima- und Ökosystemen, Krieg in der Ukraine und das Gefühl, bei der Zukunftsplanung von der Politik vergessen zu werden – Kinder und Jugendliche haben aktuell auch in Deutschland einiges zu schultern. Wie geht es ihnen eigentlich? Text von Constanze Bandowski Fotos von Karin Desmarowitz Carla, 16 Jahre, dunkle Kleidung, orange gefärbter Undercut unter langem Haar, schmales Katzenaugen- Make-up, blickt pessimistisch in die Zukunft: „Unsere Welt wird kaputtgehen. Ich habe das Gefühl, mir wird meine Jugend weggerissen, aber ich bin trotzdem froh zu leben.“ Linus, 14 Jahre, marineblaue Hoodie-Jacke, klassischer Fassonschnitt, dunkelbraune Augen, freut sich vor allem über Ferien: „Die Pandemie ist im Winter hoffentlich kein Thema mehr. Gegen den Klimawandel und den Krieg können wir nicht mehr tun, als wir sowieso schon machen: Flüchtlinge in der Schule aufnehmen, spenden, Fahrrad fahren, bewusst einkaufen und so.“ Siba, 10 Jahre, lässiges Longshirt, wuscheliger Pony, abblätternder Nagellack, hat vor allem Angst, vom Gymnasium zu fliegen: „Wenn ich über die Welt nachdenke, werde ich traurig. Ich komme selbst aus dem Krieg in Syrien, aber ich denke eben nicht so viel darüber nach. Wichtig ist, dass ich mein Abitur schaffe.“ Die drei Hamburger Jugendlichen fassen die Gemütslage Die Hälfte der Kinder und Jugendlichen hat das Gefühl, die schönste Zeit des Lebens zu ihrer Generation recht gut zusammen: Immer mehr junge Menschen fühlen sich durch die multiplen Krisen Pandemie, Klimawandel und Krieg gestresst (45 Prozent), antriebslos (35 Prozent) und erschöpft (32 Prozent). Sieben von verpassen zehn denken über einen Suizid nach, fast ein Drittel gibt eine Depression an. Trotzdem ist die Grundstimmung erstaunlich positiv. Die meisten jungen Menschen erwarten persönlich eine gute Zukunft. Das ergab die jüngste Trendstudie „Jugend in Deutschland – Sommer 2022“. Das Team um die Jugendforscher Simon Schnetzer und Klaus Hurrelmann befragte rund 1.000 junge Menschen zwischen 14 und 29 Jahren zu ihrer psychosoziale Gesundheit, ihren Ängsten und Perspektiven. Das Ergebnis zeigt: Immer mehr Heranwachsende spüren einen Kontrollverlust in ihrer Alltagsgestaltung, ihren persönlichen Beziehungen und hinsichtlich ihrer beruflichen Zukunft. Ihre größte Sorge ist der Krieg. 68 Prozent fürchten sich davor. Hinzu haben mehr als die Hälfte Angst vor dem Klimawandel. Steigende Preise treiben 46 Prozent aller Befragten um, vier von zehn befürchten die Spaltung der Gesellschaft, und jede*r Zweite hat das Gefühl, die schönste Zeit des Lebens zu verpassen. Nur vier Prozent sind sorgenfrei. „Früher waren unsere Schülerinnen und Schüler definitiv unbeschwerter“, bestätigt Katja Heinemann. Zusammen mit ihrem Kollegen Sebas- Linus hofft darauf, dass es im Winter keine neuen Einschränkungen für ihn und seine Mitschüler*innen gibt ZWEI2022 17
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