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frings. Das Misereor-Magazin 2/2023: Fair ist mehr.

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Fair ist mehr. Ein Heft über Energie und Gerechtigkeit. www.misereor.de/magazin

Nach eineinhalb Jahren

Nach eineinhalb Jahren rechnet sich die Anlage BIOGAS KLIMAFREUNDLICH KOCHEN IN EBURU Wenn Lydia Nyota morgens den traditionellen kenianischen Tee mit viel Milch kochen will, dann sammelt sie kein Feuerholz oder bringt Kohle zum Glühen. Stattdessen schnappt sie sich Reisigbesen und Blechschaufel und fegt den Mist zusammen, den ihre Kuh über Nacht hat fallen lassen. Damit betreibt sie die kleine Biogasanlage in ihrem Garten. Sobald ihr 20-Liter-Eimer gefüllt ist, kippt sie den Mist in eine Tonne, schüttet einen Eimer Wasser hinterher und rührt um. Wenn die Mischung die Konsistenz von Haferbrei hat, füllt sie die Masse in die Anlage. Die besteht aus einem etwa fünf Meter langen Schlauch, in dem der Mist luftdicht verschlossen ist und gärt, bis das Biogas freigesetzt wird. Das Abfallprodukt der Biogasanlage ist idealer Dünger für ihre Felder, auf denen sie unter anderem Mais, Weizen, Avocados, Mangold und Kürbis anbaut. Von der Sonne ausgeblichene Schläuche leiten das Gas durch den Garten ins Haus zu den zwei Kochplatten, auf denen Lydia Nyota den Tee kocht und zum Frühstück Eier von ihren Hühnern brät. Joseph Mutongu hatte ihr 2018 von der Möglichkeit erzählt, mit Biogas statt mit Holz oder Kohle zu kochen. Mutongu ist der Community Manager der Organisation Rhino Ark, die sich in der Gegend für den Erhalt der Umwelt einsetzt. Er hat einen Installateur aus der Hauptstadt Nairobi organisiert und einen guten Preis verhandelt. Mehr als 80 Haushalte in der Gegend kochen seitdem mit Biogas. Lydia Nyota ist es als Bäuerin gewohnt, Investitionen zu kalkulieren. „Ich habe damals berechnet, dass sich die Anlage nach eineinhalb Jahren auszahlt.“ Umgerechnet hat die Installation etwa 300 Euro gekostet. Lydia Nyota wohnt nur wenige Kilometer entfernt vom Mau Eburu Wald. Er gehört zum größten Hochlandwald in Ostafrika. Begonnen hat die Ausbeutung des Waldes in der Kolonialzeit, als Gebiete zur Holzernte freigegeben und Teile für Siedlungen gerodet wurden. Heute sind nur noch Bruchstücke übrig, und auch die sind gefährdet, erzählt Joseph Mutongu. „Die Menschen setzen den Wald unter Druck“, sagt der Umweltschützer. Sie fällen Bäume und verbrennen das Holz, um Kohle zu gewinnen, die sie dann verkaufen. Manchmal wird Holz auch für den direkten Verkauf gefällt. All das ist illegal, aber Armut treibt die Menschen dazu, so Mutongu. Deshalb ist es eine seiner Aufgaben, Lösungen zu finden, von denen die Wälder mit ihren unzähligen Pflanzen, Vögeln und seltenen Tieren profitieren – und auch die Menschen in der Umgebung. Mutungo überzeugt die Leute, Bäume für Holz auf ihren Grundstücken anzubauen. Bei Lydia wachsen Zypressen für Feuerholz und Eukalyptusbäume für Bauholz. Vor zehn Jahren hat Rhino Ark gemeinsam mit der Waldbehörde einen Zaun um das Waldgebiet in Mau Eburu gebaut. Teile des Waldes konnten seitdem wiederaufgeforstet werden. „Man merkt, dass sich das Klima verbessert hat und in der Gegend wieder mehr Regen fällt“, berichtet Mutongu. „Davon profitieren alle.“ Bäuerin Lydia Nyota vermischt Kuhdung und Wasser, um ihre Biogasanlage zu befüllen 12 ZWEI2023 Joseph Mutongu, Community Manager der Organisation Rhino Ark, besucht den Mau Eburu Wald

Bis 2030 soll es eine Millionen E-Bikes auf den Straßen von Ostafrika geben Ein Mechaniker kontrolliert die schwarzgelben E-Bikes vom Start-Up eBee Mobility in Tilisi ELEKTROMOBILITÄT MIT DEM E-BIKE DURCH NAIROBI Icons: iStock.com Wenn man im Auto durch Nairobis Rushhour unterwegs ist, dann sieht man immer öfter nicht nur Motorräder vorbeiflitzen, sondern auch Elektro-Fahrräder. Oft sind sie schwarz mit gelber Aufschrift und stammen vom Start-up eBee Mobility, das seit 2021 in Nairobi Elektrofahrräder auf den Markt bringt. 600 ihrer Räder sind mittlerweile auf Nairobis Straßen unterwegs, die meisten mit Kurieren, die Bestellungen ausliefern. Auch die Mechanikerin Nina Mugure kommt selbstverständlich mit dem E-Bike zur Arbeit. „Unterwegs rufen mir oft Leute hinterher, fragen, wo es das Fahrrad gibt“, erzählt sie. Und das, obwohl Fahrräder in Kenia oft noch als „Fahrzeug der Armen“ angesehen werden, die sich kein Auto oder Motorrad leisten können. Dazu kommt: Radfahren ohne Elektromotor ist anstrengend im hügeligen Nairobi, die Strecken in der Millionenstadt sind weit. Das Ziel ist ein eigenes Auto, die Infrastruktur ist auf Autos ausgelegt. Doch Kenia will die CO 2 -Emission im Verkehr senken und aktiv Elektromobilität stärken. Geringere Steuern sollen Investoren an-locken. Es gibt erste E-Busse und auch eine Fabrik für Elektro-Motorräder. An einigen Straßen gibt es mittlerweile Radwege, die Mittelschicht hat das Radfahren als Hobby für sich entdeckt. „Hier in Nairobi kommen wir langsam von der Aufklärungsphase in die Phase, in der Leute E-Bikes in Betracht ziehen“, sagt Joost Boeles, einer der Gründer von eBee Mobility. Er kommt aus den Niederlanden. „Wir sehen, was Fahrräder dort leisten – und wie sich das mit der Einführung von E- Bikes noch verstärkt hat.“ Mit drei verschiedenen Modellen bringt das Team von eBee die schwarzgelben Räder in Nairobi in den Verkehr: Verkauf, Leasing, und die eigene Lieferdienst-Flotte. Ihre eigens für den ostafrikanischen Markt designten Modelle werden seit diesem Jahr in Nairobi zusammengebaut: das Lieferrad „Nyuki“ (Kisuaheli für Biene) mit stabilem Gepäckträger und robuster Ausstattung, und das Mountainbike eBX, das leichter und wendiger ist. Joost Boeles und sein Team haben große Träume: „Bis 2030 wollen wir eine Million E-Bikes auf den Straßen von Ostafrika haben“. Damit die Räder so nachhaltig wie möglich im Einsatz sind, sollen sie mit Solarenergie geladen werden – so wie jetzt schon in der eBee-Zentrale in Nairobi. Mechanikerin Nina Mugure überprüft das Laden der Batterien der E-Bikes mit Solarenergie Joost Boeles, Mitgründer von eBee Mobility und Olivia Lamenya im Hauptsitz der Firma ZWEI2023 13

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