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frings. Das Misereor-Magazin 2/2023: Fair ist mehr.

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Fair ist mehr. Ein Heft über Energie und Gerechtigkeit. www.misereor.de/magazin

Misereor arbeitet mit daran, dass die Menschen in Namibia Zugang zu den Verhandlungen und einer fairen Stromversorgung bekommen Peter Meiwald Gibt es eigene Projekte für grüne Energietechnik in Afrika? Meiwald: Es gibt in Uganda oder Kenia interessante Entwicklungen, was E-Mobilität angeht und außergewöhnliche Start-ups. Und es wäre wünschenswert, dass es eine Chance gibt, Wertschöpfungsketten zu entwickeln, damit der Kontinent nicht nur von einer Abhängigkeit in die nächste wechselt. Das ist die Herausforderung. Die Frage ist, schaffen wir es über Entwicklungszusammenarbeit, über eine faire Gestaltung von Lieferketten, diesen Ansätzen eine Chance zu geben? Quaschning: Da bin ich skeptisch, schon mit Blick auf die Größe chinesischer Unternehmen. Auch für Deutschland – da überlegen wir ja jetzt die Solarmodulfertigung wieder aufzubauen, da werden dann Zahlen genannt, mal fünf, mal zehn Gigawatt – und in China denken sie in Größen von 1.000 Gigawatt. Das heißt, bei dem was selbst in Deutschland noch machbar erscheint, geht es um nicht mehr als einen Prozent Weltmarktanteil. Allein durch die schiere Größe ihrer Produktion hat China sehr große Wettbewerbsvorteile, die sind schwer kompensierbar. Es wäre sinnvoll gewesen, wenn es im Bereich erneuerbarer Energien einen Wettbewerb zwischen den Systemen und Technologien gegeben hätte. Aber das hat man versäumt. Volker Quaschning ist Professor für Regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin und Mitinitiator der Initiative Scientists for Future. Über YouTube, Podcast, TikTok und Twitter macht er auf die Klimakrise und erneuerbare Energien aufmerksam. Er ist Autor des Bestsellers „Energierevolution jetzt!“ (2022). Seit dem Jahr 2005 bewohnt er mit seiner Familie ein Niedrigenergiehaus, bei dem erneuerbare Energien den Energiebedarf vollständig und klimaverträglich decken. Peter Meiwald ist Sozialpädagoge und Abteilungsleiter Afrika und Naher Osten bei Misereor und Koordinator des interdisziplinären Teams „Gute Energie“ bei Misereor. Er war von 2013 – 2017 Mitglied des Deutschen Bundestages und in dieser Zeit umweltpolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion. Heliostat und zentraler Aggregatturm der Solaranlage in der Wüste bei Keimoes, Südafrika Was bringt die Diskussion über erneuerbare Energien jetzt positiv voran? Quaschning: Dass wir uns darüber klar werden: Wir haben es noch in der Hand. Das gibt mir Hoffnung. Es gibt Kipppunkte, nicht nur beim Klima, sondern auch bei der Technik. Als das Smartphone eingeführt wurde, dachten viele, was für ein technologischer Schnickschnack. Und doch hat es massive Veränderungen ausgelöst, die sich vor 20 Jahren noch niemand hätte vorstellen können. Das heißt: Disruptionen finden statt, mit der Kraft des Faktischen. Wenn wir diesen Elan, mit dem wir das Smartphone in unseren Alltag eingelassen haben, für die Energiewende aufbringen, und sehen, dass der Gewinn mindestens ebenso hoch ist, dann werden wir sie auch hinbekommen. Es ist technisch alles Notwendige vorhanden. Wir müssen nur noch die Leute überzeugen. Meiwald: Und wenn wir das hier bei uns vorleben, von dem wir wünschen, dass es auch im Globalen Süden umgesetzt wird, dann haben wir gute Chancen, dass Afrika dieses fossile Zeitalter überspringt. Und dann haben wiederum wir alle Chancen, das Zeitfenster einzuhalten, was uns noch offensteht. 28 ZWEI2023

Bis zu 3,6 Milliarden Menschen leben laut Weltklimabericht in Regionen, die besonders von den Folgen des Klimawandels betroffen sind – das ist fast die Hälfte der Weltbevölkerung. Katia Tabera ist einer von ihnen. M eine Familie stammt aus Kiribati, einem aus mehreren kleinen Atollen bestehenden Inselstaat, umgeben von einem weiten Ozean im Südpazifik. Mein Land ist aufgrund der Klimaerwärmung dabei zu versinken. Das beeinflusst unseren Alltag, es macht uns verletzlich und hilflos. Ein großer Teil unserer Wasserressourcen wie Brunnen und Bohrlöcher sind wegen des Meeresspiegelanstiegs zu salzig, um sie zum Trinken zu nutzen. Jeden Tag beobachten wir verzweifelt, wie das Meerwasser uns immer mehr Land nimmt. Dort, wo jetzt nur noch Pfähle aus dem Wasser ragen, liegt unser Friedhof. Jetzt sind die Gräber überflutet. Durch die schrumpfende Landfläche können wir uns nicht mehr sicher sein, ob auf unseren Inseln noch genügend Platz für unsere Nachfahren bleiben wird. Wegen der Klimakrise fehlt auch Regenwasser. Für ein ganzes Jahr reicht es schon jetzt nicht mehr aus. Der Wassermangel führt dazu, dass Pflanzen eingehen oder verschwinden. Das alles beunruhigt mich sehr. Denn wir brauchen unser Land und auch das Meer zum Überleben.“ Protokoll : Cora Laes-Fettback Foto: Cora Laes-Fettback Katia Tabera studiert an der University of South Pacific in Suva. Er verdient sich etwas Geld mit Tanzen dazu und möchte nach dem Studium nach Kiribati zurückkehren. ZWEI2023 29

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